Prozesstart am Landgericht Chemnitz: Aufarbeitung der rassistischen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz
Am 13.05.2025 begann der zweite Prozess am Landgericht Chemnitz in dem zu Straftaten im Rahmen der rechten Ausschreitungen am 01.09.2018 in Chemnitz verhandelt wird.

Der Prozess begann nicht wie geplant um 09:00 Uhr, der Angeklagte Lasse Richei erschien ohne vorherige Ankündigung oder einen anderweitig ersichtlichen Grund mit über 30 Minuten Verspätung und das Gericht verursachte eine weitere Verzögerung, sodass die Verhandlung erst um 10:50 beginnen konnte.
Im Gegensatz zum vorherigen, über den Jahreswechsel 2023/24 stattgefundenen Prozess zu demselben Tatkomplex, erschienen dieses Mal alle Angeklagten. Marvin C. betrat den Saal fast vollständig vermummt und legte seine Vermummung erst zur Eröffnung der Verhandlung ab. Gegen den zum Tatzeitpunkt 17-jährigen Robby S. wird als im Rahmen des Jugendstrafrechts Jugendlichen verhandelt, während Marvin C., Kevin J. und Lasse Richei, am 01.09.2018 jeweils 19, 20 und wiederum 19 Jahre alt, in diesem Zusammenhang als Heranwachsende behandelt werden.
Nach der Feststellung der Identität der vier Männer wurde die Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Dresden verlesen. In dieser wird den Neonazis schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Marvin C. und Lasse Richei werden im Rahmen der Anklage konkreter tätlicher Angriffe, der Raub von Gegenständen von Geschädigten sowie Bedrohungen und Beleidigungen beschuldigt. C. habe demnach einem Geschädigten an der Kreuzung Annaberger Straße/Bahnhofstraße auf die Schläfe geschlagen und ihm dabei Schnittverletzungen am Augenlid durch dessen in diesem Zug zerstörte Brille zugefügt. Richei habe an demselben Tatort einer jungen Betroffenen unter anderem mit der Aussage “normalerweise schlage ich keine Frauen” gedroht und im weiteren Verlauf in der Moritzstraße auf Höhe der Reitbahnstraße einen Geschädigten mit dem Ausruf “du willst wohl Schläge von einem Nazi?” bedroht und anschließend in dessen Gesicht geschlagen. Richei wird weiterhin namentlich als Teil einer Gruppe genannt, die an der Zschopauer Straße auf Höhe des Parks der Opfer des Faschismus bewaffnet auf sich auf dem Weg zurück zu einem Bus befindliche Betroffene zugerannt war. Als die Angreifer die abreisende Gruppe erreichten soll sich Richei an tätlichen Angriffen auf die Betroffenen, dem Raub von Gegenständen und Bedrohungen beteiligt haben sowie Betroffene sexistisch beleidigt haben.
Im Anschluss wurden die Dokumentationen zweier Erörterungstermine im Mai 2023, zu denen die Verteidiger*innen der vier sowie die weiterer in diesem Tatkomplex Angeschuldigter geladen waren. Während dieser schlugen die Verteidiger*innen größtenteils die Einstellung der Verfahren gegen ihre Mandanten nach § 153a oder § 154 StPO bei Zahlung einer Geldauflage von €300 vor. Diese Regelung nahmen drei der in diesen Erörterungen behandelten Angeklagten in Anspruch, die Staatsanwaltschaft sah jedoch die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen die vier Beschuldigten C., J., S. und Richei als nötig an. Nach dem Verlesen der Dokumentation des ersten Erörterungstermins bat Richeis Verteidiger um eine Unterbrechung.
Nach dem Ende der Unterbrechung und des Verlesens der Dokumentation des zweiten Erörterungstermins machte die vorsitzende Richterin Schubert den Angeklagten das Angebot sich zu den Tatvorwürfen einzulassen. Während Robby S. sich im Rahmen einer polizeilichen Vernehmnung bereits eingelassen hatte, kündigte sein Verteidiger an, dass S. sich im Prozess nicht äußern wird. Die weiteren Verteidiger*innen teilten ebenfalls mit, dass ihre Mandanten sich nicht zu den Tatvorwürfen einlassen werden, wobei bzgl. Marvin C. einschränkend hinzugefügt wurde, dass dieser sich möglicherweise an einem späteren Zeitpunkt äußern werde.
Im Anschluss wurde für den nächsten Prozesstag die Vernehmung von Polizist*innen die in der Identitätsfeststellung am Tag der Tag sowie im Nachgang mit dieser befasst waren sowie die Verschiebung der Vernehmung eines weiteren Zeugen angekündigt. Nachdem Richei für das fortlaufende Nutzen seines Handys während der Hauptverhandlung durch die vorsitzende Richterin ermahnt wurde, schloss diese die Verhandlung um 11:35.
Die kontinuierliche Begleitung und Aufarbeitung des Verfahrens wird durch eine Förderung von Polylux ermöglicht.