Pressemeldung 1. April 2020

Angriffsstatistik Opferberatung Support 2019

226 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe in Sachsen mit mindestens 276 Betroffenen – Rückgang der Angriffe um 29% - anhaltend hohes Niveau rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe in Sachsen

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„In den Angriffszahlen zeigt sich ein unveränderter gesellschaftlicher Zustand in Sachsen und darüber hinaus, der durch einen nach rechts verschobenen Diskurs, in Teilen offen artikulierten Rassismus und nicht zuletzt durch eine gewachsene Einflussnahme durch die AfD in Kommunalparlamenten und Landtag geprägt ist. 2019 wurden zwei rechtsterroristischen Anschläge in Deutschland verübt: der Mord an Walter Lübcke in Kassel und der Anschlag auf eine Synagoge und ein Dönerlokal in Halle. Auch traten wiederholt rechtsterroristische Netzwerke, in Erscheinung, die sich mit sogenannten Feindeslisten, Waffen, Munition, Leichensäcken und Ätzkalk offenbar auf einen Tag X vorbereiteten. Zuletzt forderte ein rassistischer Anschlag in Hanau 10 Menschenleben“, erinnert Andrea Hübler, Fachreferentin im Projekt Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V. und weiter: „In diesem gesellschaftlichen Klima sind Betroffene mit Anfeindungen und Alltagsrassismus konfrontiert, die in ihren Wirkungen auf Betroffene, Community und Gesellschaft kaum weniger folgenreich sind, als physische Gewalttaten, die in die vorliegende Statistik rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt einfließen.“

„Trotz des Rückgangs im Vergleich zum Vorjahr bewegt sich die Zahl rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe in Sachsen seit Jahren auf einem anhaltend hohen Niveau. Im 10-Jahres-Verlauf wird das sichtbar. Abgesehen von anlassbedingten Ausschlägen nach oben werden durchschnittlich ca. 240 Angriffe im Jahr in Sachsen verübt. Die überdurchschnittlich hohen Angriffszahlen 2015 und 2016 liegen in den rassistischen Mobilisierungen gegen die Aufnahme Geflüchteter begründet, während der Anstieg 2018 vor allem in den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz in August und September seine Ursache hatte.“ erläutert Andrea Hübler, Fachreferentin im Projekt Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V., die Zunahme der Gewalt.

Regionale Schwerpunkte sind auch 2019 die Städte Dresden (53), Leipzig (62) und Chemnitz (19). Der Landkreis Leipzig (20) stellt seit Jahren kontinuierlich eine Schwerpunktregion rechter Gewalt in Sachsen dar, ebenso die Landkreise Nordsachsen (13), Bautzen (12) und Erzgebirge (12), gefolgt von den Landkreisen Zwickau (9), Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (8) und Görlitz (7). Die Landkreise Mittelsachsen (3) und Meißen (3) verbleiben auf niedrigem Niveau wie auch der Vogtlandkreis (5) nach einem deutlichen Rückgang um knapp 70% im Vergleich zu 2018.

Der Großteil der Angriffe war rassistisch motiviert (138), 45 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen. In 25 Fälle richtete sich die Gewalt gegen Nichtrechte und Alternative, in sechs Fällen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung/geschlechtlichen Identität. Überwiegend handelte es sich bei den Angriffen 2019 um Körperverletzungsdelikte (153), in 55 Fällen um eine Nötigung oder Bedrohung. 

Die Fachberatungsstelle Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V. unterstützt in Sachsen seit 2005 Opfer rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt bei der Bewältigung der Tatfolgen und dokumentiert darüber hinaus diese Angriffe. Im Jahr 2019 konnten wir sachsenweit in 254 Beratungsfällen beratend und unterstützend zur Seite stehen.

„Wir als Opferberatung Support schätzen die aktuelle Situation als nach wie vor höchst brisant ein. Rechte Gewalt sowie rechtsterroristische Anschläge in Sachsen sowie Halle und Hanau haben zu Wut, Angst sowie Verunsicherung geführt. Wir benötigen daher dringend eine Kultur der Solidarität und eine klare Agenda gegen Rechtsextremismus, rechten Terror sowie Rassismus in Sachsen“ sagt Robert Kusche, Geschäftsführer des RAA Sachsen e.V. 

Die Zusammenfassung der Statistik ist unter Nennung des Urhebers frei verwendbar und abrufbar unter: www.raa-sachsen.de/statistik

Auf unserer Webseite finden Sie zusätzlich ein Tool, mit dem sie die Angriffszahlen der letzten Jahre einsehen können.

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