Meldung 8. April 2021

"Statement der solidarischen Gesellschaft" anlässlich der anhaltenden "Querdenken"-Proteste

Gemeinsam mit vielen weiteren Akteuren und Einzelpersonen haben wir den aktuellen Aufruf des bundesweiten „Unteilbar“- Bündnisses unterzeichnet, um ein gemeinsames Zeichen gegen die "Querdenken"-Bewegung und für eine solidarische Gesellschaft zu setzen.

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In den vergangenen Wochen haben sich die Proteste der sogenannten „Querdenken“-Bewegung auch in Sachsen zunehmend verstetigt. In zahlreichen Orten versammeln sich unter diesem Label regelmäßig hunderte Menschen, um gegen die bestehenden Corona-Schutzverordnungen zu demonstrieren. Dabei werden von Redner*innen und nicht wenigen Teilnehmer*innen verschwörungstheoretische und zum Teil auch eindeutig antisemitische Positionen vertreten. In ihrer Selbst- und Außenwahrnehmung als Opfer staatlicher Zwangsmaßnahmen im Zuge der Covid19-Krise versuchen jene immer wieder Assoziationen zur Verfolgung von Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus zu wecken. Nicht selten ist in diesem Zusammenhang sogar von einem „Genozid am deutschen Volk“ die Rede, womit der Holocaust verharmlost wird. Es verwundert daher nicht, dass sich Neonazis und rechte Hooligans mit den Protesten identifizieren und sie vielerorts aktiv unterstützen.

Welches anhaltende Radikalisierungspotenzial in der „Querdenken“-Bewegung steckt, ließ sich auch in den vergangenen Wochen insbesondere bei nicht genehmigten Demonstrationen beobachten. Solche fanden etwa am 13.03. in Dresden sowie am 27.03. in Chemnitz und Dresden statt. Neben den inzwischen alltäglichen Drohungen gegenüber Medienvertreter*innen und Politiker*innen im Kontext der Corona-Proteste kam es während dieser Versammlungen wiederholt auch zu körperlichen Angriffen auf Gegendemonstrant*innen, Journalist*innen und Polizeikräfte.

Mit einem "Statement der solidarischen Gesellschaft" möchte das bundesweite "Unteilbar"-Bündnis diesen Entwicklungen entgegentreten. Unter https://www.unteilbar.org/freiheitsolidarisch/ können Organisationen und/oder Einzelpersonen den Aufruf unterzeichnen.

Statement der solidarischen Gesellschaft

anlässlich erneuter Mobilisierungen von „Querdenken“ und anderen Pandemieleugner*innen im Frühling 2021

Egoismus und Rücksichtslosigkeit zerstören den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wer sich „Querdenken“ anschließt, fordert eine Gesellschaft, in der die gesundheitlichen Gefahren für Millionen Menschen geleugnet werden und in der antisemitisch konnotierte Verschwörungserzählungen an die Stelle von überprüfbaren Fakten treten; in der die demokratische Debatte durch das Recht der Stärkeren ersetzt und die Zusammenarbeit mit Faschist*innen zur Normalität wird. In einer solchen Gesellschaft wollen wir nicht leben. Viele von uns würden sie nicht überleben.

Das Hinterfragen staatlicher Politik, auch der Corona-Maßnahmen, ist wichtig. Wo es notwendig ist, üben wir Kritik. Dabei sind wir uns einig: Verschwörungserzählungen, Rassismus und faschistische Ideologien sind niemals legitim. Als solidarische Gesellschaft setzen wir uns für das Wohl aller Menschen ein. Wir wollen eine Politik, die niemanden zurücklässt und die verhindert, dass in der Krise einige immer reicher und viele immer ärmer werden. Wir erwarten die ausnahmslose Einhaltung der Menschenrechte, vorausschauendes Handeln und Raum für demokratische Kontrolle, der einer offenen Gesellschaft entspricht. Wir wollen eine lebenswerte Zukunft für alle – in der Krise und danach!

Wir verzichten momentan weitgehend auf den massenhaften Ausdruck unserer Forderungen auf der Straße, weil Kontaktbeschränkungen und Abstand wichtige Mittel des Infektionsschutzes sind. Wenn wir auch in Pandemiezeiten demonstrieren, halten wir uns an die Hygieneregeln.

Wir planen gemeinsam die nächsten Proteste für einen klimagerechten, sozialen, antirassistischen und geschlechtergerechten Weg aus der Krise und unterstützen uns dabei gegenseitig. Zusammen streiten wir für eine Zukunft, die von allen mitgestaltet werden kann.

  • Wir sind Menschen, deren Arbeitsplätze, Existenzen, Wohnverhältnisse oder Schutzräume bedroht sind, Menschen, die bezahlt oder unbezahlt Sorgearbeit leisten, und Menschen, die bisher weniger hart von der Krise betroffen sind. Wir fordern, dass alle die Unterstützung und den Schutz bekommen, den sie brauchen. Die Kosten der Krise müssen gerecht verteilt werden.

  • Wir sind behinderte Menschen und Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung unterschiedlichen Alters, mit und ohne Vorerkrankungen. Wir sind alle von dem Virus betroffen, aber nicht alle gleichermaßen. Wir handeln weiterhin rücksichtsvoll und schützen uns gegenseitig, bis alle sicher sind.

  • Wir sind Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, religiös oder nicht, mit verschiedenen Geschlechtern, unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, BIPoC und Weiße, mit oder ohne Fluchterfahrung und mit unterschiedlichem Aufenthaltsstatus. Wir stellen uns der menschenfeindlichen rechten Bewegung entschieden entgegen. Denn für nicht wenige von uns stellt sie eine direkte Bedrohung für das Leben dar. Wir setzen uns gemeinsam für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen ohne Angst leben können.

  • Wir sind Menschen, die gegen die Pandemieleugner*innen auf die Straße gehen, kreative Aktionen machen und aktiv widersprechen, und Menschen, die aufgrund der Pandemie gerade nicht mehr geben können als ihre symbolische Unterstützung. Wir machen zusammen deutlich: Hinter den solidarischen Gegenprotesten steht eine große Mehrheit!

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