Prozesstagebuch

Am 7. März 2017 startete vor dem Oberlandesgericht in Dresden der Prozess gegen die „Gruppe Freital“. Laut Anklage sollen die acht Angeklagten 2015 Sprengstoffanschläge in Freital und Dresden verübt haben. Die Anschläge galten Wohnungen von Geflüchteten, dem Auto eines Stadtrates, dem Büro der Linken sowie einem alternativen Hausprojekt.

Am 12.03.2018 hat das Gericht die Angeklagten zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt, wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung die schwere Straftaten begangen hat, darunter versuchter Mord in vier Fällen, das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen, gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Wir dokumentieren hier alle Prozesstage da viele Menschen von den Taten der „Gruppe Freital“ betroffen ware, ob direkt oder indirekt. Sie alle haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie der Prozess verläuft, ohne immer selbst vor Ort gewesen sein zu müssen.

Zusammenfassung Teil 1 Zusammenfassung Teil 2 ملخص القضية بالعربية
Eintrag 12. März 2018

7. März 2018: 74. Verhandlungstag

Urteilsverkündung: Das Gericht verurteilt die Angeklagten zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren. Die Anklage sieht der Senat »im wesentlichen« durch die Beweisaufnahme bestätigt und begründet das ausführlich. Die Angeklagten haben eine terroristische Vereinigung gebildet und schwere Straftaten begangen, darunter versuchter Mord in vier Fällen, das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen, gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Eintrag 27. Februar 2018

27. Februar 2018: 73. Verhandlungstag

Der heutige Verhandlungstag steht im Zeichen der letzten Worte der Angeklagten. Nach zwei kurzen Repliken zu den Plädoyers der Verteidigung nehmen alle Angeklagten die Chance wahr, sich nochmals zu den Vorwürfen zu äußern. Mehrere von ihnen äußern ihr Bedauern und entschuldigen sich bei den Geschädigten. Wie das Gericht die Äußerungen bewertet, wird sich zur Urteilsverkündung zeigen. Diese wird für den 7. März 2018 um 14 Uhr angekündigt.

Eintrag 8. Februar 2018

6. Februar 2018: 72. Verhandlungstag

Die Verteidiger von Sebastian W. und Rico K. halten ihre Schlussvorträge. Erneut wird sowohl die Existenz einer terroristischen Vereinigung, als auch der bedingte Tötungsvorsatz bestritten. Hinzukommen Ausflüge ins politische Feld: Mehrere Anwälte geiseln die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung als Ursache für die Taten der Freitaler Gruppierung.

Eintrag 1. Februar 2018

31. Januar 2018: 71. Verhandlungstag

Die nächsten Verteidiger plädieren: Die Verteidigung von Justin S. weist auf die Reifedefizite ihres Mandanten hin und will eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht. Die Verteidiger von Maria K. betonen, dass ihre Mandantin vom Organisationsdelikt, wie auch vom Vorwurf des versuchten Mordes bzw. der Beihilfe freizusprechen sei.

Eintrag 1. Februar 2018

30. Januar 2018: 70. Verhandlungstag

Die Verteidiger von Mike S. und Philipp W. halten heute ihre Plädoyers. Der Schlussvortrag der Verteidigung von Philipp W. fällt knapp aus und konzentriert sich auf Anmerkungen zum Strafmaß. Die Verteidiger von Mike S. plädieren deutlich voneinander abweichend: Der eine bemüht sich um eine juristische Auseinandersetzung, während der andere vor allem seine rechte Gesinnung demonstriert.

Eintrag 26. Januar 2018

24. Januar 2018: 69. Verhandlungstag

Die Verteidigung beginnt mit den Plädoyers. Die Verteidiger von Timo S. sehen den Tatvorsatz für einen versuchten Mord nicht erfüllt und verweisen auf die geringe Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Splitterverletzung. Ähnliches sagt auch die Verteidigung Patrick F.s, sie ergänzt außerdem, dass weder eine terroristische, noch eine kriminelle Vereinigung zu erkennen sei. Die Taten seien lediglich »spontane Frustaktionen«.

Eintrag 26. Januar 2018

23. Januar 2018: 68. Verhandlungstag

In vier Plädoyers fassen die Nebenklagevertreter der Geschädigten der Anschläge Bahnhofstraße und Wilsdruffer Straße ihre Sicht auf die zurückliegende Beweisaufnahme zusammen. Dabei geht es unter anderem um die Perspektive der Betroffenen, Kritik an Zuständen, die diese Taten möglich gemacht haben und um juristische Einschätzungen insbesondere zum §129a StGB.

Eintrag 22. Januar 2018

19. Januar 2018: 67. Verhandlungstag

Drei Plädoyers stehen heute auf dem Programm: Zwei Nebenklägerinnen des attackierten Hausprojekts Mangelwirtschaft ergreifen selbst das Wort, anschließend hält ihr anwaltlicher Vertreter sein Plädoyer und schließt sich den juristischen Ausführungen der Bundesanwaltschaft an.

Eintrag 22. Januar 2018

17. Januar 2018: 66. Verhandlungstag

Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft sieht die Anklage umfassend bestätigt. Deutlich und ausführlich thematisiert wird die Ideologie der Angeklagten: Rassismus und Nationalismus. Entsprechend hoch fallen die Strafanträge aus: zwischen elf und fünf Jahren Haft lautet die abschließende Forderung.

Eintrag 17. Januar 2018

16. Januar 2018: 65. Verhandlungstag

Ende der Beweisaufnahme: Die Nebenklage stellt heute noch zwei Beweisanträge, beide werden jedoch vom Senat abgelehnt, ebenso wie alle anderen noch offenen Anträge der Verteidigung. Rico K.s Verteidiger verlesen außerdem eine ergänzende Einlassung, lehnen die Beantwortung von Fragen jedoch ab. Danach ist die Beweisaufnahme geschlossen. Morgen beginnen die Plädoyers.

Eintrag 11. Januar 2018

9. Januar 2017: 64. Verhandlungstag

Zwei Staatsanwälte und ein Ermittlungsbeamter werden heute vernommen. Sie berichten über die Bedeutung der jüngsten Aussagen von Rico K. im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung, sowie über die Bedeutung der Aussage von Timo S. für die FKD-Verfahren. Bahnbrechende Erkenntnisse scheint aber keine der Aussagen geliefert zu haben. Der Senat kündigt an in Kürze die Beweisaufnahme schließen zu wollen.

Eintrag 22. Dezember 2017

20. Dezember 2017: 63. Verhandlungstag

Nach eine kurzen Vernehmung einer LKA-Beamtin beschäftigt sich das Gericht mit den Beweisanträgen. Ein großer Teil der Anträge wird heute entschieden und verworfen. Darunter auch die Anträge eines Nebenklagevertreters zur Vernehmung der Polizeibeamten, die im Verdacht gestanden haben, Informationen an die »Gruppe Freital« weitergegeben zu haben.

Eintrag 13. Dezember 2017

8. Dezember 2017: 62. Verhandlungstag

Heute läuft die Frist für das Stellen von Beweisanträgen ab. Insbesondere aus den Reihen der Verteidigung wird die Gelegenheit genutzt. Einige Beweisanträge muten zuweilen skurril an: So soll ein Hundename und eine demoskopische Umfragen die Angeklagten entlasten. Ein Nebenklagevertreter thematisiert außerdem nochmals die Rolle der Polizei und die der Organisatoren der Turnhallen-Blockade in Dresden-Übigau.

Eintrag 30. November 2017

28. November 2017: 61. Verhandlungstag

Das Gericht vernimmt zwei Gefängnispsychologen, die den Angeklagten Mike S. betreut haben. Sie beschreiben den Angeklagten zwar als »weinerlich«, hätten aber zu keinem Zeitpunkt »suizidale Absichten« feststellen können. Das Gericht setzt heute außerdem eine Frist für die Stellung von Beweisanträgen bis zum 8. Dezember 2017.

Eintrag 21. November 2017

17. November 2017: 60. Verhandlungstag

Das Verfahren nähert sich dem Ende. Das Gericht verwirft zunächst einen Befangenheitsantrag und entscheidet dann über die eingebrachten Beweisanträge der Nebenklage: Es verliest einen Aktenvermerk und lehnt die weiteren Anträge ab. Erneut fragt das Gericht nach Beweisanträgen, einige Verteidiger kündigen erneut Beweisanträge an – gestellt wird jedoch nur einer. Der Verhandlungstag endet, wie er beginnt: Mit einem Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit gegen den Vorsitzenden Richter.