Neuigkeit 21. Dezember 2021

Rückblick: Online-Fachtag zu jüdischer Regionalgeschichte in Ostsachsen

Im Rahmen des Festjahres „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ organisierte das Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung Sachsen den Fachtag „Normalität jüdischen Lebens!?: Fachtag zu jüdischer Regionalgeschichte in Ostsachsen“.

Julia Kluge (www.kluugel.de) / © RAA Sachsen e.V.

Obwohl die Veranstaltung aufgrund der rasant steigenden Corona-Infektionszahlen kurzfristig in den digitalen Raum verlegt wurde, kamen am 25.11.2021 inkl. der Referent*innen und Organisator*innen 31 Personen zum Fachtag zusammen.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete ein Vortrag der Historikerin Gunda Ulbricht vom HATiKVA e.V.. Unter dem Titel „Wozu jüdische Geschichte?“ stellte dieser zunächst verschiedene Zugänge zur jüdischen Geschichte dar. So könne jüdischer Geschichte z.B. als „Minderheitengeschichte“ oder als „Fallstudie“ für allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen nachgegangen werden. Ebenso könne sie aber auch als Beitrag zur „Gedenkkultur“ und „Gegenwartsbewältigung“ betrieben werden. Das Gemeinsame an den Zugängen: Immer bewege sich die Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte in einem Spannungsfeld zwischen „Integration“ und „Vereinnahmung“, weswegen besonders auf die folgenden Aspekte geachtet werden müsse:

  1. Forschungs- und Bildungsarbeit zu jüdischer Geschichte sollte „vorschnelle Verallgemeinerungen vermeiden“ bzw. eine „Balance zwischen Besonderem und Allgemeinem“ herstellen. Ein Anfang dazu wäre bereits gemacht, wenn sie Ihren Gegenstand reflektieren und sich fragen würde, wer warum als Protagonist*in jüdischer Geschichte behandelt werde.

  2. Die Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte sollte darauf zielen, „wirkliche und geistige Räume“ jüdischer Vergangenheit und Gegenwart zurückzugewinnen. Da die Forschung zur jüdischen Geschichte noch immer vorrangig aus Perspektive der Mehrheitsgesellschaft und unter Marginalisierung jüdischer Perspektiven betrieben werde, komme diesem Punkt ein besonderes Gewicht zu.

  3. Um den bereits genannten Punkten gerecht zu werden, müsse Forschungs- und Bildungsarbeit zur jüdischen Geschichte schließlich auf ihre Verbindung achtgeben und die jeweiligen Entwicklungen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Publizistik aufmerksam verfolgen und in ihre Arbeit einbeziehen.

Auf den Vortrag von Gunda Ulbricht folgte die Workshopphase des Fachtages. In dieser hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, einen der beiden regionalspezifischen Workshops zu besuchen. Während sich der Workshop des AKuBiZ e.V. dem Thema „Digitale Hilfsmittel zur Vermittlung jüdischer Geschichte im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge“ widmete, behandelte der Workshop der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa gGmbH das Thema „Jüdische Geschichte im Dreiländereck – digital und vor Ort“.

Der Aufbau beider Workshops war eng aufeinander abgestimmt. In einem ersten Schritt wurden relevante Projekte des AKuBiZ e.V. und der Netzwerkstatt vorgestellt sowie die Wege zu ihrer Umsetzung erläutert. Darauf aufbauend hatten die Teilnehmer*innen in einem zweiten Schritt die Möglichkeit, einen tieferen Einblick in die Angebote zu erlangen und gemeinsam zu diskutieren, ob die Projekte für eine pädagogische Tätigkeit geeignet sind bzw. welche Erweiterungen oder Veränderungen es dafür benötigen würde. Bei den vorgestellten Projekten des AKuBiZ e.V. handelte es sich um die Website gedenkplaetze.info – eine digitale Karte zur Dokumentation von Orten des Nationalsozialismus und der Biografien von Verfolgten – sowie um einen Audiowalk durch Sebnitz, der aus Perspektive der als Jüdin Verfolgten Frieda Hänsel Einblicke in die Lebensrealität im Nationalsozialismus gewährt. Im Mittelpunkt des Workshops der Netzwerkstatt standen wiederum die „Digitale Karte zum jüdischen Leben in Zittau und Liberec (CZ)“ (noch in der Testphase) sowie ein virtueller Rundgang über den jüdischen Friedhof Zittau, der im Rahmen eines internationalen Bildungsprojektes zur Erschließung des jüdischen Erbes von Zittau mit dem Namen „MAZEWA“ entstand.

In einer kurzen Abschlussrunde hatten die Workshopleiter*innen schlussendlich die Möglichkeit, zentrale Erkenntnisse des Fachtages zusammenzufassen. Das Ergebnis: Vor allem für die digitalen Angebote wären eine Erweiterung hin zu mehr Interaktions- und Partizipationsmöglichkeiten sowie Konzepte zu ihrer Nutzung in der analogen Arbeit erstrebenswert. Darüber hinaus müsse in der Bildungsarbeit immer eine genaue Analyse der angestrebten Zielgruppe betrieben werden sowie eine darauf angepasste Aufarbeitung und Vermittlung der Inhalte.

Neben allen Referent*innen gilt unser herzlicher Dank der Friedrich-Ebert-Stiftung Sachsen und dem Netzwerk Dresden für alle. Nur durch die unkomplizierte Förderung unseres Vorhabens konnte der Fachtag zu einem vollen Erflog werden.

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